Wir werden immer wieder gefragt, warum wir uns für ein Möbelhaus am Sonderstandort West stark machen und dafür Flächenversiegelung, die Gefährdung von konkurrierenden Möbelhäusern und Innenstadt hinnehmen.
Zerlegen wir die Frage in ihre Bestandteile und beantworten diese einzeln:
Warum nehmen wir die Flächenversiegelung hin?
Der Standort westlich der Autobahn ist bereits als Gewerbegebiet ausgewiesen. Diese Entscheidung liegt bereits länger zurück und ist vom aktuellen Rat nicht mehr beeinflussbar. Der Eigentümer der Fläche darf daher bereits ohne unsere Entscheidung zur Änderung des Einzelhandelskonzepts an dem Standort Gewerbe ansiedeln und damit Flächen versiegeln.
Warum ein Möbelhaus?
2004 wurde eine Bedarfsanalyse erstellt, die aufgezeigt hat, dass uns zur Stärkung der Funktion als Oberzentrum und um den Abfluss von Kaufkraft nach Kassel oder Hannover zu verringern, ein großflächiger Möbeleinzelhandel fehlt. „Ein überregional zugkräftiger Möbelanbieter, dessen Verkaufsflächendimension auch deutlich über einer Schwelle von ca. 20.000 qm Verkaufsfläche liegt, könnte am Standort Göttingen […] die Marktabschöpfung aus den äußeren Marktgebietszonen intensivieren.“ (GfK Prisma, Dezember 2004)
Daher ist im aktuellen Einzelhandelskonzept (EHK 2013) der Standort westlich der Autobahn als Potenzialfläche für großflächigen Einzelhandel ausgewiesen.
Wie ist das mit der Gefährdung von konkurrierenden Möbelhäusern?
Unser Ziel ist es mit der Ansiedlung eines großen Möblers Kaufkraft an Göttingen zu binden und die Funktion des Oberzentrums zu stärken. Mit einem modernen Einrichtungshaus entsteht in Göttingen auch im Vergleich zu anderen Oberzentren ein nachfragegerechtes Möbelangebot. Dafür ist – laut Gutachten – eine Mindestgröße von 20.000 m² nötig. Wir versprechen uns hiervon zusätzlich eine Dynamisierung auf dem Möbelmarkt im Sinne von „Konkurrenz belebt das Geschäft“, jedoch nicht die Gefährdung von langjährig hier ansässigen, teilweise inhabergeführten Unternehmen.
Daher haben wir dem Wunsch eines möglichen Investors für eine Bebauung mit 33.000 m² nicht entsprochen und eine Begrenzung auf 25.000 m² festgelegt.
Warum wird das Einzelhandelskonzept geändert, wenn sich ein großflächiger Möbler ansiedeln soll?
Die Stadt Göttingen hat sich, insbesondere zum Schutz der Innenstadt, ein Einzelhandelskonzept gegeben, dass die Flächen für innenstadtrelevantes Randsortiment an außerhalb der Kernstadt gelegenen Standorten auf 800 m² begrenzt. Das entspricht den Vorgaben des Landesraumordnungsprogramms (LROP). Zentrenrelevante Sortimente sind dabei bspw. Elektrokleingeräte, Porzellan, Haushaltswaren, Bestecke, Bilderrahmen, Wohneinrichtungsartikel (Dekoration), Antiquitäten, Heimtextilien, Dekostoffe, Gardinen, Haus-, Bett-, Tischwäsche.
Ein Grund für die Erstellung des Einzelhandelskonzepts war seinerzeit, dass es die Sorge gab, der Kaufpark würde zum Sterben der Innenstadt beitragen. Heute wissen wir: Die Sorge war unbegründet. Sowohl der Kaufpark als auch die Göttinger Innenstadt sind belebt und in der Innenstadt ist durch die Konkurrenz eine Dynamik entstanden, die ihr sichtlich gutgetan hat.
Das LROP eröffne ausdrücklich die Möglichkeit einer Abweichung. Die Obergrenze von 2.500 m² Verkaufsfläche für innenstadtrelevante Randsortimente ist nicht willkürlich „gegriffen“, sondern entspricht dem „10%-Kriterium“ des LROP. Wir sind zuversichtlich, dass unserer Innenstadt ein Möbeleinzelhandel mit bis zu 2.500 m² Verkaufsfläche für innenstadtrelevante Sortimente nichts anhaben kann.
Gleichzeitig schaffen wir mit der Entscheidung die Voraussetzung dafür, dass sich überhaupt ein Möbelmarkt ansiedelt (und nicht bspw. ein Reifengroßhandel). Denn großflächige Einrichtungshäuser bieten neben dem nicht zentrenrelevanten Kernsortiment Möbel auch stets dem „Wohnen und Einrichten“ zugeordnete Randsortimente an. Bei inzwischen gängigen Gesamtverkaufsflächen von 25.000 m² und mehr liegt der Anteil der zentrenrelevanten Randsortimente i.d.R. – auch aufgrund entsprechender Kundenerwartungen – deutlich über 800 m² Verkaufsfläche.
Kommt jetzt XXXL Lutz?
Der Beschluss zur Änderung ist bewusst nicht auf einen bestimmten Anbieter bezogen. Es müssen grundsätzliche Regelungen getroffen werden, die für alle potentiellen Investoren gelten.
Die grundsätzliche Kritik an diesem Möbelhaus wird von SPD und GRÜNEN weiterhin aufrechterhalten. XXXL Lutz ist ein Konzern ohne glaubwürdige Nachhaltigkeitsstrategie, hebelt Arbeitnehmer*innenrechte aus und schließt mitunter eigene Filialen ohne Vorankündigung, was zu Arbeitslosigkeit und Leerstand großer Verkaufsflächen führt. Insbesondere in Kombination mit POCO kann nicht von einer qualitativen Verbesserung des Möbelangebots in der Region ausgegangen werden, vielmehr lässt dieses auf die Strategie schließen, die ansässigen Unternehmen ausbluten zu lassen, um anschließend die Preise deutlich anzuziehen.
Was passiert dann jetzt?
Wir schaffen die Voraussetzung für großflächigen Möbeleinzelhandel an diesem Standort, der von der Größe her geeignet ist, Kaufkraft an Göttingen zu binden, ohne die ansässigen Möbler oder die Innenstadt zu gefährden und stärken damit das Oberzentrum.
Wann sich tatsächlich welcher Möbler ansiedelt, ist dabei noch offen.
Um ergänzend die Attraktivität der Innenstadt zu erhöhen, wird die bauliche Aufwertung der Innenstadt in der Weender Straße und der Roten Straße vorangetrieben, Gemeinsam mit dem Programm südlich Innenstadt führt dieses zu mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt und stärkt damit auch das Fachmarktzentrum Innenstadt.