SPD-Ratsfraktion hält an Forderung nach „Tempo 30“ in Esebeck fest

Ausschuss stimmt mehrheitlich für Vorschlag der SPD
Die SPD-Ratsfraktion hält an ihrer Forderung, auf der Straße „Über der Esebeeke“ in Esebeck Tempo 30 auszuweisen, fest.
In der Sitzung des Rates der Stadt Göttingen vom 18. August 2017 hatte die SPD-Ratsfraktion beantragt, die Einrichtung von Tempo 30 auf der Straße zu prüfen.

Entstanden war die Idee zu dem Antrag im Rahmen eines Rundgangs des Projektes „Vitale Ortsteile (VOTe) des SPD Stadtverbands Göttingen in Kooperation mit dem zuständigen Ortsverein. Christian Henze, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Ratsfraktion: „Viele Eltern mit ihren Kindern und auch die ältere Bevölkerung haben uns deutlich gemacht, dass Tempo 30 für den sicheren Weg der Kinder zum Schulbus dringend erforderlich ist! Daraufhin haben wir den Antrag im Rat gestellt!“

Tom Wedrins

Die von der Verwaltung zur Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität am 24. Oktober 2017 vorgelegte Stellungnahme sah vor, kein Tempo 30 auszuweisen. Zur Begründung verwies die Verwaltung auf eine „eingehende straßenverkehrsbehördliche Prüfung“, ohne dass dies näher ausgeführt wurde.

„Diese Vorlage haben wir zum Anlass genommen, um im November 2017 erneut mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern das Gespräch zu suchen“, erklärt Henze. Die SPD-Ratsfraktion sei vor Ort mit vielen Anwohnern gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass die Verwaltung ihre Position dringend überdenken müsse.

„Vor dem Hintergrund der Eindrücke, die wir bei diesem neuerlichen Vor-Ort-Termin gewinnen konnten, haben wir eine eigene rechtliche Prüfung vorgenommen und kommen zu dem Ergebnis, dass die Ausweisung von Tempo 30 aufgrund der Gefahren für insbesondere schulpflichtigen Kinder, die ihren Schulbus erreichen müssen, rechtlich zulässig wäre. Daneben haben wir weitere Anregungen der Bürgerinnen und Bürger aus dem Vor-Ort-Termin aufgegriffen und der Verwaltung vorgeschlagen.“*

Die Verwaltung hat die bereits im Oktober 2017 vorgelegte Stellungnahme am vergangenen Dienstag zur Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität unverändert vorgelegt und zur Abstimmung gestellt.

Volker Grothey, Sprecher der SPD-Ratsfraktion im Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität, erklärt: „Die anderen Fraktionen sind der von uns erarbeiteten Stellungnahme gefolgt. Daher wurde die Verwaltungsvorlage mehrheitlich abgelehnt.“

Gemeinsam gehen Grothey und Henze davon aus, dass die Verwaltung die Stellungnahme der SPD-Ratsfraktion zum Anlass nehmen wird, in eine erneute Prüfung einzutreten.

*Die Stellungnahme der SPD-Ratsfraktion aus der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität vom 23. Januar 2018 ist dieser Mitteilung beigefügt.

Volker Grothey

Stellungnahme der SPD-Ratsfraktion

Betreff: Verkehrsberuhigung in Esebeck auf der Straße „Über der Esebeeke“ (K37)

die Verwaltung hat in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität am 24. Oktober 2017 mit einer Vorlage (Vorlage-Nr: FB61/1471/17) zum Antrag der SPD-Ratsfraktion aus der Sitzung des Rates der Stadt Göttingen vom 18. August 2017 Stellung genommen.

Anlass des Antrags waren die Sorgen und Beschwerden insbesondere der Eltern der in Esebeck wohnenden, auf die Nutzung eines Busses angewiesenen schulpflichtigen Kinder, welche uns im Rahmen eines Vor-Ort-Termins des SPD Stadtverbands im Mai 2017 unter Beteiligung des damaligen Mitglieds des Niedersächsischen Landtags Herrn Ronald Schminke (SPD) sowie des aktuellen Mitglieds des Niedersächsischen Landtags Gert Hujahn (SPD) geschildert worden waren.

Die Mitglieder der SPD-Ratsfraktion haben die Stellungnahme der Verwaltung in einem weiteren Vor-Ort-Gespräch mit Esebecker Bürgerinnen und Bürgern am 08. November 2017 vorgestellt, um die Meinung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu erfahren.

Christian Henze

Nach diesem Gespräch und insbesondere einer erneuten Auseinandersetzung mit den Verhältnissen vor Ort fordern wir die zuständige Fachverwaltung auf, die in der Vorlage getroffenen Aussagen einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen:

1.) Die von der Verwaltung getroffene Aussage, wonach eine Geschwindigkeitsreduzierung auf der Straße „Über der Esebeeke“ (K37) auf 30 km/h nicht möglich sei, weil Ausnahmen, die gemäß § 45 Abs. 9 Straßenverkehrsordnung (StVO) ein Herabsenken der grundsätzlichen innerörtlichen Geschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h ermöglichen, nicht vorlägen, können wir insbesondere im Hinblick auf die örtlichen Begebenheiten nicht teilen:

Die schulpflichtigen Kinder sind auf die Nutzung des Busses angewiesen. Dieser hält in Richtung Göttingen an den beiden Haltestellen „Esebeck“ und „Kleehöfen“, die sich auf der betroffenen Straße befinden. Um ihren Bus in Richtung Stadt benutzen zu können, müssen viele Schülerinnen und Schüler aus dem nord-östlichen Teil Esebecks die Straße „Über der Esebeeke“ queren.

Um die Bushaltestelle „Esebeck“ zu erreichen, sind die Kinder auf die Nutzung der Straßenverengung im Bereich der Kreuzung Seepole/Über der Esebeeke/Hummestal/An der Insel angewiesen. Dies ist die aus Richtung Barterode kommend zweite Fahrbahnverengung im Ortsteil. Wie die Verwaltung in ihrer Stellungnahme selbst ausführt, verfehlen die Fahrbahnverengungen aufgrund ihrer geringen Breite ihre eigentliche Funktion. Bei dem Vor-Ort-Termin konnte beobachtet werden, dass die aus Barterode in Richtung Göttingen fahrenden KfZ nahezu ungebremst auf die betroffene Fahrbahnverengung zufahren. Insbesondere zu den morgendlichen Abfahrtzeiten des Busses kommt es hier ausweislich der nachvollziehbaren Schilderungen vieler Eltern zu gefährlichen Situationen.

Die Bushaltestelle „Kleehöfen“ befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Kreuzung Zum Kükenberg/Über der Esebeeke/Am Stratenborn. Die Straße ist hier ohne weiteres für alle Verkehrsteilnehmer gut einsehbar, so dass insbesondere KfZ ohne weiteres mit hohem Tempo durch den Ort fahren. Auch hier werden Kinder, die die Straße zum Erreichen des Schulbusses queren müssen, gefährdet. Die von der Schule kommenden Kinder steigen schräg gegenüber aus dem Bus, hier sind dann in den Mittags- und Nachmittagsstunden beim Queren der Straße die im südwestlichen Teil Esebecks wohnenden Kinder betroffen.

Vor diesem Hintergrund sehen wir in Übereinstimmung mit den betroffenen Eltern die Notwendigkeit, wenigstens an beiden Gefahrenstellen abschnittsweise die Anordnung für 30 km/h zulässige Höchstgeschwindigkeit auszuweisen.

§ 45 Abs. 9 StVO ermöglicht Beschränkungen wie die Reduzierung der erlaubten Geschwindigkeit auf 30 km/h, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht. Diese ist vorliegend für beide Bushaltestellen gegeben.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird das Vorliegen einer qualifizierten Gefahrenlage von der Gemengelage verschiedener Faktoren beeinflusst, so unter anderem von der Breite und dem Ausbauzustand der für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr zur Verfügung stehenden Fläche, den Ausweichmöglichkeiten, der Inanspruchnahme von Flächen durch parkende Fahrzeuge und deren Auswirkungen auf den Verkehr, der Übersichtlichkeit der Streckenführung und der Verteilung des Verkehrs über den Tag (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 2013 – 3 B 59/12 –, juris). Die Busnutzung durch schulpflichtige Kinder und Jugendliche geht insbesondere mit den Zeiten einher, in denen Berufspendler morgens nach Göttingen und nachmittags aus Göttingen zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen auf der Straße beitragen. Die Übersichtlichkeit der Streckenführung auf der Straße und die ihre Funktion nicht erfüllenden gegenwärtigen Engstellen, die ohnehin nur funktionieren, d. h. zu einem Herabsenken der gefahrenen Geschwindigkeit führen, wenn kein Begegnungsverkehr stattfindet (was bei den in eine Richtung verlaufenden Pendlerbewegungen regelmäßig nicht der Fall ist!), sind als Kriterien im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Ausweisung von Tempo 30-Abschnitten zu berücksichtigen.

Dass nicht erst gewartet werden muss, „bis etwas passiert“, hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden. Nach der Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2010 – 3 C 37/09 –, BVerwGE 138, 21-35) liegt eine Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt, nicht erst dann vor, wenn ohne ein Handeln der Straßenverkehrsbehörde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zusätzliche Schadensfälle zu erwarten wären. Es reicht aus, dass eine entsprechende konkrete Gefahr besteht, die sich aus den besonderen örtlichen Verhältnissen ergibt.

Ggf. kann die Verwaltung auch auf aktuelle polizeiliche Erfahrungen zurückgreifen. Diese hat nach Informationen der Bürgerinnen und Bürger im August 2017 Messungen durchgeführt. Ob und in welcher Form die Ergebnisse dieser polizeilichen Maßnahmen in die Abwägung eingeflossen sind, ergibt sich aus der Vorlage nicht.

Wir gehen davon aus, dass die Verwaltung ihre in der Vorlage getroffene Aussage, wonach eine Geschwindigkeitsreduzierung auf der Straße „Über der Esebeeke“ (K37) auf 30 km/h nicht möglich sei, weil Ausnahmen, die gemäß § 45 Abs. 9 Straßenverkehrsordnung (StVO) ein Herabsenken der grundsätzlichen innerörtlichen Geschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h ermöglichen, nicht vorlägen, vor dem Hintergrund dieser besonderen örtlichen Begebenheiten einer nochmaligen Prüfung unterziehen wird.

2.) Den Hinweis, dass eine Verengung der bisher vorhandenen Engstellen wie von der Verwaltung vorgeschlagen dafür sorgen wird, dass der landwirtschaftliche Verkehr die Straßen aufgrund einer zu geringen Breite dann nicht mehr passieren können wird, bitten wir zu prüfen.

3.) Die „Endhaltestelle“ Esebeck (in der Straße Hummestal gelegen) hat keinen Hochbord. Sie wird durch zwei Pylonen abgesperrt, die Kinder (und alle anderen Busnutzer/innen) steigen auf dem Straßenniveau aus. Gleichzeitig wird diese Haltestelle, obwohl sie Endhaltestelle ist, von Kindern gegenwärtig zum Einsteigen in den Bus genutzt, weil das morgendliche Queren der Straße „Über der Esebeeke“ für zu gefährlich erachtet wird. Dies wird von den Göttinger Verkehrsbetrieben toleriert, das Fahrpersonal wird gegenwärtig jedoch in seinen Ruhezeiten beeinträchtigt. Erste Gespräche von Mitgliedern unserer Fraktion mit den bei den Göttinger Verkehrsbetrieben Verantwortlichen haben stattgefunden, um dieses Problem im Sinne der Kinder und unter Beachtung der tariflichen Rechte der Mitarbeiter/innen zu lösen. Gleichwohl erbitten wir Ihre Unterstützung bei der Schaffung einer tragfähigen Lösung inklusive Baumaßnahmen für eine „normale“ Bushaltestelle“.

4.) Die bestehenden Querungshilfen erfüllen nicht nur im Hinblick auf ihre Breite ihren Zweck nicht: Sie sind nicht gesondert ausgeleuchtet und es gibt keinerlei Warnschilder, die auf die Querungshilfen hinweisen. In Kombination mit den nicht vorhandenen Breiten (und mit der bestehenden zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h) werden KfZ-Führer/innen nicht dazu veranlasst, ihr Tempo zu reduzieren, um das Entstehen gefährlicher Situation durch querende Menschen, insbesondere Schulkinder, zu vermeiden oder aber abzubremsen, um die Querung zu ermöglichen. Daher geben wir den Wunsch der Eltern und auch der älteren Mitbürgerinnen und -bürger nach einer besseren Beleuchtung und Hinweisschildern auf die Querungen weiter. Nicht unter den Tisch fallen lassen wollen wir den Vorschlag, an allen Querungshilfen Zebrastreifen einzurichten.

Wir gehen davon aus, dass unsere Hinweise der Verwaltung Anlass geben, ihre bisherige Position zu überprüfen und dem Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität zu seiner nächsten Sitzung eine geänderte Vorlage vorzulegen, die insbesondere den Bedürfnissen der schulpflichtigen Esebecker Kinder an einen sicheren Schulweg hinreichend Rechnung trägt.

Tom Wedrins
Fraktionsvorsitzender