Forst- und Umweltbildungszentrum am Kehr

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Interfraktioneller Antrag der Fraktionen von SPD und CDU für die Sitzung
des Rates der Stadt Göttingen am 16. Dezember 2022

Der Rat möge beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt, ein Konzept für die Einrichtung und den Betrieb eines kombinierten Forst und Umweltbildungszentrums am Kehr zu erarbeiten und dabei die ungefähren Planungs-, Bau- und Unterhaltungskosten zu ermitteln. Folgende Aspekte sollten in dem Konzept berücksichtigt werden:

  • Bereitstellung von Schulungsräumlichkeiten für Kitas, Schulklassen und Erwachsenenbildung
  • Ermöglichung begrenzter Tierhaltung (jenseits der vorhandenen Gehege mit Wildtieren) zur Kontaktmöglichkeit mit Kindern oder älteren Menschen
  • Schaffung der Voraussetzungen zur Inklusion von Menschen mit Handicap sowohl im Rahmen von Erlebnismöglichkeiten insb. aber auch im Rahmen der Betreuung der Örtlichkeiten bzw. der Tierversorgung
  • Neuerrichtung der abgängigen derzeitigen Gebäudesubstanz, da diese nicht mehr den hygienischen (Lebensmittelvermarktung) und lagertechnischen (Schädlingsbefall) Standards entspricht
  • Beachtung hoher ökologischer Standards und größtmögliche Verwendung heimischer Materialien
    bei allen Bauten
  • Ggf. Verlagerung von Teilen der Forstverwaltung direkt an den Ort des Geschehens (Stadtwald),
    um verbesserte Aufsichts-, Verwaltungs- und Fortbildungsmöglichkeiten zu gewährleisten

Begründung:
Der globale Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen für die Menschen im 21. Jahrhundert. Je früher Kinder und Jugendliche an Themen und Probleme der nachhaltigen Entwicklung herangeführt werden, desto selbstverständlicher wird ihr späterer kritischer und engagierter Umgang mit den großen ökologischen, ökonomischen und sozialen Herausforderungen unserer Zeit. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hält solche Einrichtungen für ideale Lernorte im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), um für die globalen Herausforderungen zu sensibilisieren und mit anderen Menschen in Kontakt zu treten.
Junge Menschen sollen in einem Forst- und Umweltbildungszentrum am Kehr befähigt werden, Naturzusammenhänge zu erkennen, sich ein Bild von forst- und landwirtschaftlicher Produktion zu machen und sich mit den Konsequenzen ihres Ernährungs- und Verbraucherverhaltens auseinanderzusetzen.
Insbesondere gilt es, einen verantwortungsvollen Umgang mit Tieren jenseits der Massentierhaltung
kennenzulernen, elementare Erfahrungen zu machen und Sinneseindrücke durch unmittelbaren Kontakt
mit großen (und kleinen) Lebewesen (evtl. Kühe, Schweine, Schafe, Pferde) zu erhalten, was für in der
Stadt lebende Kinder sonst häufig überhaupt nicht mehr möglich ist. Dies stellt einen wichtigen, persönlichkeitsbildenden Gegenpol zu den digitalen Welten der Spielekonsolen und Streaming-Dienste dar.
Ferner sollen Zusammenhänge zwischen Ernährungs- und Einkaufsverhalten zu erkennen sein (z. B.
setzt Fleischverzehr Schlachtung/Tötung voraus), wodurch auch ein Brückenschlag zum Klimaschutz erfolgt. Auch gilt es, die Erzeugung von pflanzlichen und tierischen Produkten unter ethischen und biologischen Gesichtspunkten zu sehen sowie mehr Wissen über Zusammenhänge bzgl. Pflanzung, Pflege und
Ernte zu erhalten.
Synergieeffekte bezüglich der Arbeit des Stadtforstamtes können erreicht werden durch

  • den verstärkten Einsatz von Rückepferden, die im Bildungszentrum untergebracht werden,
  • mehr Nähe zu Bürgerinnen und Bürgern evtl. im Rahmen von Sprechstunden vor Ort,
  • die ortsnahe Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit den Umweltverbänden,
  • die Reduzierung von Kosten und Emissionen durch starke Reduzierung der derzeitigen Fahrten
    vom Baubetriebshof in das Arbeitsgebiet Wald.

    Es ist im Rahmen der angestrebten Inklusion unbedingt darauf zu achten, auch Menschen mit Handicap in
    anfallende Arbeiten einzubeziehen bzw. ihnen ausfüllende Arbeitsmöglichkeiten zu geben.

    Noch weiter gedacht wäre es möglich, in einem solchen Bildungszentrum auch Angebote zur Förderung von Integration zu schaffen. Zum Beispiel im Rahmen von vor Ort angebotenen Kursen zur Vermittlung von handwerklichen Fähigkeiten könnten Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen gemeinsam lehren und lernen, um so Hemmnisse abzubauen und Kontakte zu knüpfen.

    Ein großer Vorteil der vorgeschlagenen Einrichtung am Kehr wäre die Nähe zur Stadt bzw. die Erreichbarkeit fußläufig oder mit Stadtbussen. Es müssten also keine großen Reisen bzw. Exkursionen unternommen werden, um sich mit den Themen Forst und Umwelt praxisnah zu beschäftigen. Der derzeit noch „ungeschliffene Diamant“ (Kehrgelände) könnte durch ein solches Bildungszentrum eine erste glänzende Facette erhalten.