Statement der SPD-Ratsfraktion zum Rückzug von Erich Sidler (Deutsches Theater)

Deutsches Theater; Foto: Jan Vetter

Für die SPD-Ratsfraktion Göttingen erklärt die kulturpolitische Sprecherin Sylvia Binkenstein:

Anfrage des Göttinger Tageblatt

  1. Welche Erwartungen verbinden Sie mit der Suche nach einer neuen Intendanz – und sehen Sie darin die Chance für eine inhaltliche Neuausrichtung des Deutschen Theaters oder lediglich die Sicherung des Status quo?

Wir erwarten von einer neuen Intendanz, dass sie weiterhin soziale, kulturelle Vielfalt und Bildungsgerechtigkeit in der Stadtgesellschaft verankert. Es muss weiterhin eine klare Programmstrategie geben, die die lokale Identität des Deutschen Theaters stärkt aber auch verstärkt Kooperationen offen gegenübersteht. Dabei sollte die Person die finanziellen Ressourcen und nachhaltigen Finanzierungsmodelle beachten. Wir fordern Transparenz im Auswahlverfahren und einen klaren zeitlichen Ablauf wie auch konkrete Anschlussplanungen, damit ein reibungsloser Übergang gewährleistet ist.

  • Nachdem die Oberbürgermeisterin die 180-Millionen-Euro-Sanierung gestoppt hat, bleibt unklar, wie es mit dem Bauprojekt weitergeht. Wie wollen Sie verhindern, dass das Theater in den kommenden Jahren zwischen Finanznöten, Baustelle und Interimsspielstätten zerrieben wird?

Wir haben mit dem Haushalt 25/26 500.000 Euro Planungskosten für eine neue Variante zur DT-Sanierung bereitgestellt. D.h.: Wir sind tätig geworden, um eine Alternative zur 180 Mill. Euro Sanierung zu finden. Wir unterstützen weiterhin eine realistische, faktenbasierte Prüfung der Sanierungskosten und Alternativen, einschließlich möglicher Phasenmodelle, die Baubelastungen reduzieren und Interimsspielstätten ermöglichen. Enge Abstimmung mit dem Land Niedersachsen und anderen Fördermittelgebern ist dabei nötig. Die Stadtgesellschafft kann und muss Herrn Siedler für seine Strahlkraft und Ideen dankbar sein, sein Wirken wird als Ära-Sidler nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Die SPD-Ratsfraktion wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Kultur auch in Zeiten knapper Kassen den Stellenwert hat, den sie erhalten muss. Sie ist angesichts der gesellschaftlichen Verwerfungen und des Rechtsrucks wichtiger denn je.

  • Sollte das Land Niedersachsen seine Beteiligung an der Finanzierung tatsächlich nicht übernehmen – wie weit ist die Stadt bereit zu gehen, um den Betrieb des DT zu sichern? Rechnen Sie mit Einschnitten im künstlerischen Angebot oder gar Personalabbau?

Sollte das Land Niedersachsen eine Beteiligung an der Finanzierung ablehnen, fordert die SPD-Ratsfraktion Göttingen eine umfassende Prüfung alternativer Modelle zur Betriebssicherung. Dazu gehören, wie bisher schon, städtische finanzielle Mittel, mögliche Sponsoringverträge, weitere Kulturförderwege sowie EU-/Bundesförderprogramme.

Das Deutsche Theater muss weiterhin eine stabile Perspektive haben, um zukunftsfähig agieren können. Dazu gehören auch die Personalkosten, die wir in der letzten Ratssitzung mit einem politischen Beschluss für das Jahr 2027 gesichert haben.

Es darf in unseren Augen keine betriebsbedingten Kündigungen geben und auch keine pauschalen Personal- oder Angebotseinschnitte. Wir erwarten jedoch für die Zukunft eine solidarische Kostenverteilung zwischen Stadt, Land und anderen Kulturpartnern.

  • Der Rückzug des Intendanten fällt in eine Zeit, in der viele Kultureinrichtungen um Planungssicherheit kämpfen. Sehen Sie in diesem Schritt ein Warnsignal auch für die städtische Kulturpolitik insgesamt – und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Herr Sidler hat in der Begründung seines Weggangs verdeutlicht, dass er eine klar ablehnende Haltung zum Beispiel gegenüber der Aussprache von betriebsbedingten Kündigungen hat. Und er betont ebenso, dass er für die nun kommende Phase eine Intendanz mit längerer zeitlicher kontinuierlicher Wirkung für wichtig hält. Dafür verdient er hohen Respekt. In unsicheren Zeiten will er dem DT hier zumindest personelle Stabilität geben. Die Zeiten sind unsicher, da die Kommunen bundesweit finanziell angeschlagen sind. Trotz knapper Kassenlage haben Stadtpolitik und SPD-Ratsfraktion die Göttinger kulturelle Vielfalt weiter erhalten, keine Mittel gekürzt und auch Förderverträge nicht gekündigt. Dies ist eine enorme politische Leistung. Dennoch ist der Weggang von Herrn Sidler ein Warnsignal. Solange die Kommunen keine stabile Haushaltslagen haben, wird es Unsicherheiten in der Kulturlandschaft geben. Wir stehen deshalb zu unseren bisherigen Haushaltszusagen und warnen vor weiteren kommunalen Sparprogrammen.

Die SPD-Ratsfraktion erwartet für die Zukunft eine Kulturentwicklungspolitik die langfristige, nachhaltige Kulturprozesse statt kurzfristiger Lösungsversuche priorisiert.