Haushaltsrede 2021

Tom Wedrins

des Vorsitzenden der SPD-Ratsfraktion

Tom Wedrins

Es gilt das gesprochene Wort.

Frau Vorsitzende, Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren!

Lassen Sie mich beginnen mit einem Dank an die Finanzverwaltung vertreten durch Herrn Fuchs für die sorgfältige Finanzplanung in unserer Stadt und die Zusammenarbeit. Danken möchten ich aber auch Herrn Schmetz als Kämmerer und Erstem Stadtrat. Wie überhaupt einmal gesagt werden muss: Wir können froh sein, dass wir Sie gewonnen haben, Ihre vertrauensvolle und wertschätzende Zusammenarbeit findet nach meinem Eindruck überparteilich Anerkennung. Wir danken Ihnen dafür!

Nun zum Haushalt 2021. Die Corona-bedingten Risiken, die Einnahmeausfälle, werden auch durch Beschluss heute nicht beseitigt sein. Es wird aber so sein, dass die Verwaltung weiter planen und handeln kann. Das klingt so nüchtern, ist aber in pandemischen Zeiten dringend nötig und geboten. Ohnehin werden wir in diesem und in den nächsten Jahren Anpassungen vornehmen müssen. Was wir aber jetzt schon klar wissen, ist, dass die finanziellen Unterstützungen von Land und Bund, Rettungsschirme, dauerhafter, verlässlicher und kräftiger sein müssen. Wir sind da nicht in ein, zwei Jahren raus aus der Krise. Wenn man aber beim Grundprinzip der kommunalen Selbstverwaltung bleiben will, und davon gehe ich mal aus, und wir auch für die Bürgerinnen eine Stadt mit einer guten Infrastruktur, mit ÖPNV, Wohnen, Strom, Gas, Kultur und Sport weiter ermöglichen wollen und hier und da, wo nötig, sanieren, dann benötigen wir eine noch deutlichere Unterstützung von Bund und Land! Ich bin ansonsten in großer Sorge, dass wir wieder in eine Haushaltspolitik des Kürzens geraten, so wie Anfang der 2000er Jahre. Und dann sind alle unsere Bemühungen von über 15 Jahren obsolet. Überparteilich müssen wir uns also darum kümmern, dass Bund und Land die Kommunen deutlich besser durch die Krise begleiten.

Ganz entscheidend gilt das auch für die Jahre nach der Pandemie, denn wir sind dann schon in der Situation, dass wir einen Berg an Schulden erneut werden abtragen müssen.

Es ist deshalb gut, dass wir in Göttingen den Schuldendeckel mit allen Fraktionen öffnen konnten. Erinnern möchte ich aber daran, dass die dringend nötige finanzielle Unterstützung für die Kommunen durch Bund und Länder wahrscheinlich nicht gegeben werden kann, solange Bund und Länder sich durch die Schuldenbremsen in den Verfassungen selbst und uns ausbremsen.

(Anrede) Worum konnte sich die Haushaltsmehrheit bemühen?

Erstens: Absicherung der Investitionen. Es wäre in Krisenzeiten das absolut falsche Signal mit dem Rasenmäher zu sparen, in der Hoffnung, ein ausgeglichener Haushalt würde uns helfen. Das Gegenteil ist richtig: Gerade in der Krise Investitionen weiter ermöglichen, um die Wirtschaft nicht abzuwürgen. Aber auch, um den über Jahrzehnte aufgelaufenen Sanierungsstau an öffentlichen Gebäuden zu beenden. Dieser ist Ergebnis einer jahrzehntelangen finanziellen Unterversorgung der Kommunen. Erst jetzt sind wir in der Lage, die Schulsanierungen über ein 100Millionen-Euro Paket anzugehen und z.B. die Planung für die Sanierung des Deutschen Theaters vorzubereiten und die Sanierung des Freibades am Brauweg mit zu finanzieren. Trotz Corona ist es gelungen, dies alles abzusichern. Trotz Corona werden wir einen zusätzlichen Fördertopf für Schulbauten und Digitalisierung schaffen. Trotz Corona werden wir den Radwegebau weiter forcieren. Man könnte auch sagen: Gerade wegen Corona ergibt sich dringender als sonst, dafür zu sorgen, dass die Infrastruktur und die öffentliche Daseinsvorsorge stabil sind und immer gewährleistet bleiben. Und wegen Corona ist es auch nötig, in den sozialen Zusammenhalt zu investieren. Zum Beispiel für die offene und aufsuchende Jugendarbeit für Kinder und Jugendliche in Problemlagen und in Problemimmobilien. Wir tun dies, indem wir die Anträge der Jugendhilfe aufgreifen und umsetzen.

Weil, und das hat die Pandemie wie in einem Brennglas sichtbar gemacht, die Frage der Teilhabe gerade junger Menschen an Bildung und an der Gesellschaft überhaupt, nicht überall gegeben ist. Wir müssen uns darum kümmern, soziale Spaltungen zu überwinden. Da gibt es die einen, die kommen prima durch die Krise, und den anderen Teil, der wird immer mehr abgehängt oder fühlt sich immer mehr abgehängt.

Auch im Ergebnishaushalt haben wir uns bemüht, nur minimal Veränderungen vorzunehmen, denn was wir benötigen, ist eine schnelle Haushaltsgenehmigung, damit Planungen und Sanierungen zügig ausgelöst werden können.

Das alles, meine Damen und Herren, war mit intensiven Beratungen verbunden. Und das in Zeiten, in denen wir, die Fraktionen, eigentlich nur noch im Videoformat tagen konnten. Auch Haushaltsverhandlungen fanden so statt. Und das eben auch in Zeiten, wo viele von uns auch beruflich noch stärker gefordert waren als sonst. Wir haben also länger gebraucht als gedacht. Das ist sicherlich ärgerlich und nicht schön.

Aber in dieser besonderen Situation gleich die Keule rauszuholen, Herr Feuerstein, und in einer Pressemitteilung „rot-grünes Haushaltsversagen“ festzustellen, das, fanden wir etwas überzogen. Dieses rot-grüne Haushaltsbündnis besteht nun seit dem Jahr 2003. In 17 Jahren haben wir den Haushalt mühsam konsolidiert, den Entschuldungshilfepakt abgeschlossen, übrigens mit Unterstützung der damaligen CDU-Fraktion und auch, das muss auch einmal gesagt sein, mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Fritz Güntzler, der dabei sehr konstruktiv war, und nun ist rot-grün, das kann man über das ZIVP erkennen, dabei, in einer pandemischen Krise weiterhin die Verwaltung zu stützen, ihr Handlungsfähigkeit zu geben und in unserer Stadt Schwerpunkte in der Bildung, in der Mobilität, im sozialen Zusammenhalt und im Klimaschutz zu setzen. Wir nennen das nicht rot-grünes Versagen, sondern Stabilität für Göttingen in der Krise und eine Zukunftsperspektive für unsere Stadt!

Verbunden mit Haushalten sind auch immer wichtige Entscheidungen über Projekte. Ich meine die Entwicklung des Dragonerangers. Richtig ist, dass wir uns heute hier anders positionieren als der Oberbürgermeister, was aber auch kein Novum ist, denn ein Stadtoberhaupt muss anders agieren können als eine Fraktion. Da wir dabei offen kommunizieren, fallen wir Herrn Köhler damit auch nicht in den Rücken. Das Gegenteil ist der Fall, da Herr Köhler und ich uns schon über 20 Jahre kennen und in der Politik sind, wissen wir manchmal schon, ohne zu reden, was der andere denkt. Der Dragoneranger ist als einzigartige Fläche und Kaltluftschneise keine Gewerbefläche für ein Betonwerk, wir sollten auch nicht sagen, dass weil Flächen fehlen, versiegeln wir da, wo es am meisten weh tut. Und wir müssen respektieren, dass ein ganzer Stadtteil sich dort zu Wort meldet. Wenn wir für Entwicklungen in der Zukunft Unterstützung haben wollen, dann dürfen wir nicht alle vor den Kopf stoßen. So, nun ist zutreffend, dass Beschlüsse schon in andere Richtungen gelaufen sind. Aber nach fünf Jahren müssen wir immer wieder bei Flächen auch neu bewerten. Wollen wir nun Klimaschutz? Ja oder nein? Oder sagen wir: Klimaschutz ja, aber nicht jetzt? Nach der Ratsdebatte im Februar finde ich es schwierig, sich hier so zu positionieren. Und auch für Sartorius engagiert sich unsere Stadt außerordentlich, wenn ich allein an die zügige Entwicklung Eisenbreite denke, und auch für ein Betonwerk wird sicher noch ein Platz zu finden sein.

Nun bleibt noch ihr Vorwurf eines Kurswechsels der SPD. Ja, es ist richtig, wir haben den F-Plan so mitgetragen. Aber sind Neubewertungen nun politisch nicht mehr zulässig?

Wenn man erkennt, dass eine Entscheidung in der Vergangenheit aus heutiger Sicht falsch ist, muss man auch dazu stehen und sie revidieren! Für uns ist der Klimaschutz kein Lippenbekenntnis, wir verschieben ihn auch nicht in die Zukunft, sondern handeln jetzt. Man kann nicht von der Bewahrung der Schöpfung reden und dann liebe CDU, wenn es konkret wird und vielleicht auch einmal wehtut, kneifen.

Beschäftigten müssen wir uns, meine Damen und Herren, jetzt auch noch mal mit dem Thema Stadthalle. Hier kommt es zu weiteren Kostensteigerungen. Die sind ärgerlich. Sie entstehen, weil die Betonsubstanz nicht so ist, wie zuvor erwartet. Das ändert aber nichts daran, dass aus unserer Sicht der Standort nach wie vor der richtige ist. Und damit verbunden auch die Sanierung. Auch bei einem Neubau würde niemand eine Summe garantieren können! Ich spreche deshalb beim Haushalt das Thema Stadthalle und auch die Umfeldgestaltung Albaniplatz an, weil wir auch hier über Zukunfts-Investitionen reden, und zwar für die Zukunft der Innenstadt. In Verbindung mit dem Wochenmarktplatz, einer sanierten Stadthalle, einem Albaniplatz mit Qualität, Autofreiheit aber Erreichbarkeit und Stellplätzen in Innenstadtnähe gewinnt die Innenstadt an Aufenthaltsqualität. Und das ist eine Investition für die Innenstadt und den Einzelhandel, denn unsere Innenstädte brauchen durch und nach Corona andere und ganz neue Perspektiven!

Zum Schluss danke ich allen für die Haushalts-Beratungen und den anderen Fraktionen für die Geduld mit uns, sowie das heute nötige Pairing! Ich erinnere daran, dass wir auch Einiges gemeinsam verabschiedet haben. Die CDU hat Punkte von rot-grün unterstützt, wir haben einige Anträge der CDU übernommen. Es gibt also keine Totalblockade! Es geht auch gemeinsam, obgleich nicht alles! Meine Damen und Herren, wünschen wir uns heute doch gemeinsam eine schnelle Haushaltsgenehmigung! Und, das ist doch im Moment die größte Sehnsucht, dass wir die Chance mit Schnelltest und Impfungen in Göttingen zügig nutzen können, damit endlich Licht ans Ende des Corona-Tunnels kommt! Vielen Dank!