Interfraktioneller Antrag der Fraktionen von SPD, CDU und FDP für die Sitzung
des Rates der Stadt Göttingen am 16. Dezember 2022
Der Rat möge beschließen:
Zur Umsetzung des Göttinger Klimaplans, insbesondere der Erreichung der Klimaneutralität
und der Sicherstellung einer Abdeckung von 45 % des Energiebedarfes aus lokal erzeugten
erneuerbaren Energien bis 2030, wird – im Sinne der Worte der Oberbürgermeisterin auf dem
Wirtschaftsempfang 2022, bei dem sie die Errichtung von acht bis zehn Windkraftanlagen und
ausreichend dimensionierten PV-Freiflächenanlagen (ca. 20 – 30 MW) pro Jahr vorschlug –
die Verwaltung aufgefordert,
- sich in der Gesellschafterversammlung der Stadtwerke Göttingen AG dafür einzusetzen, dass sich die Stadtwerke verstärkt im Bereich der Erzeugung regenerativer Energien betätigen, insbesondere durch Windkraft- und PV-Freiflächenanlagen;
- in diesem Zusammenhang Wege aufzuzeigen, wie die hierfür erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden können. Die im Rahmen der Neufassung der Kreditrichtlinie der Stadt Göttingen erörterten Green Bonds etc. könnten dabei ein Weg sein. Ferner sind Formen der Beteiligung und Unternehmensstrukturen wie Projektfinanzierungsgesellschaften, Energiegenossenschaften, Kooperationen mit Investoren etc. zu prüfen, die die Umsetzung dieser Ziele aber auch die Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen der örtlichen Gemeinschaft ermöglichen;
- geeignete Flächen vorzustellen, die für die Erzeugung erneuerbarer Energien in Betracht kommen. Vorzugsweise sind solche Flächen aufzuzeigen, die eine effiziente Energiegewinnung ermöglichen, die aber anderen Nutzungen wie der Erzeugung regionaler Waren nicht entgegenstehen. Insofern wären schlecht zu bewirtschaftende Böden mit niedriger Ertragsmesszahl vorzugswürdig;
Interfraktioneller Antrag für die Sitzung des Rates der Stadt Göttingen am 16. Dezember 2022 - darüber hinaus Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit im Bereich der erneuerbaren Energien zu prüfen und nach Möglichkeit voranzutreiben;
- die im Rahmen der Zuständigkeit der Stadt erlassenen Erhaltungssatzungen dahingehend anzupassen, dass auf allen Dachflächen der Stadt Göttingen Photovoltaikanlagen
etc. möglich sind; - die Planungen für den Doppelhaushalt 2023/2024 so anzupassen, dass für den städtischen KlimaFonds insgesamt eine Million Euro bereitgestellt wird;
- die Anstrengungen zur energetischen Sanierung von städtischen Gebäuden zu verstetigen und zu verstärken sowie die hierfür erforderlichen Mittel im Doppelhaushalt
2023/2024, aber auch aus dem prognostizierten Jahresüberschuss 2022 zur Verfügung
zu stellen; - Kooperationsmöglichkeiten mit den Göttinger Hochschulen bei der Erprobung von AgriPhotovoltaikanlangen zu prüfen und entsprechende Projekte nach Möglichkeit zu fördern.
Begründung:
Die Klimakrise ist eine der, wenn nicht die größte Herausforderung unserer Zeit. Die Oberbürgermeisterin hat in ihrer Rede auf dem Wirtschaftsempfang deutlich gemacht, dass die Stadt
Göttingen gewaltige Anstrengungen unternehmen muss, um die selbst gesteckten, ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen. Energieerzeugung durch Windkraft und Photovoltaik auf Freiflächen können dabei zu entscheidenden Instrumenten werden, um die CO2-Emissionen zu reduzieren und damit dem Klimawandel wirksam entgegenzuwirken. Das vom Rat der Stadt beschlossene Ziel, bis 2030 klimaneutral zu werden, wird ohne die Produktion erneuerbarer Energien aus lokalen Quellen kaum erreichbar sein. Auch wird Göttingen nicht darauf hoffen können, dass dies andere Kommunen für die Stadt übernehmen. Auch die Bereitschaft zu interkommunalen Projekten wird zurückhaltender ausfallen, wenn Göttingen keine ernsthaften eigenen Anstrengungen unternimmt. Im Gegenteil: Die Bereitschaft wird bestenfalls höher ausfallen, wenn selbst Städte wie Göttingen, die nur einen begrenzten Raum zur Verfügung haben, diesen Weg gehen.
Daher müssen mit den regionalen und kommunalen Energieversorgern, wie der Stadtwerke
Göttingen AG, Konzepte entwickelt werden, wie man den Worten auch Taten folgen lässt. Die
Herausforderung wird dabei sein, ausreichend Finanzmittel zu akquirieren und Beteiligungsformen zu wählen, die eine Umsetzung solcher Projekte ermöglichen. Dabei muss ein besonderes Augenmerk auf die Akzeptanz in der örtlichen Gemeinschaft gelegt werden, sei es durch
finanzielle Anreize im Rahmen einer Beteiligung oder durch klug ausgewählte Flächen, die
aktuell ohnehin keiner nachhaltigen Nutzung wie z. B. der regionalen Erzeugung von Lebensmitteln zugeführt werden können. Die Verwaltung sollte daher dem Rat bei der Vorstellung der
geeigneten Flächen auch über die aktuelle Nutzung berichten. Am Ende müssen berechtigte
Interessen der Landwirtschaft, des Naturschutzes etc. mit dem Ziel des Klimaschutzes in Einklang gebracht werden, ohne die Ziele des Klimaplans aus dem Blick zu verlieren. Gerade weil
diese Herausforderung so groß ist, ist die herzustellende Akzeptanz die Grundlage für eine
erfolgreiche Umsetzung. Hierfür bedarf es eines Schulterschlusses von Einwohnenden, Rat
und Verwaltung.
Große Freiflächenanlagen sind ein Baustein zur Energiewende. Aber auch die vielen ungenutzten Dachflächen bieten ein bislang noch nicht ausreichend erschlossenes Potenzial. Dieses mag im Ergebnis nicht allein ausreichend sein, es ist aber auch nicht vermittelbar, wenn
diese Flächen durch entgegenstehende örtliche Satzungen nicht nutzbar sind. Daher ist das
Ortsrecht entsprechend anzupassen und dem Rat kurzfristig zur Entscheidung vorzulegen.
Die ambitionierten Ziele des Klimaplans können nur erreicht werden, wenn sowohl Stadt als
auch Stadtgesellschaft gemeinsam darauf hinarbeiten. Daher soll der KilmaFonds mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet werden, um die Unterstützung für Bemühungen der Bürgerinnen
und Bürger im Bereich der Klimaschutzes weiter auszubauen. Durch den KlimaFonds werden
zum Beispiel PV-Anlagen für Privathaushalte gefördert.
Die Stadt Göttingen verfolgt bereits seit vielen Jahren das Ziel der energetischen Sanierung
der städtischen Gebäude. Begrenzt wurde dies nicht nur durch fehlende finanzielle Mittel, sondern auch durch fehlende personelle Kapazitäten. Dieses Ziel muss weiterhin mit hoher Priorität und ausreichend personellen und finanziellen Kapazitäten verfolgt werden.
Göttingen ist die Stadt, die Wissen schafft. Es liegt daher nahe, innovative Ideen zu erproben
und weiterzuentwickeln, um den Klimaschutz voranzutreiben. Agri-Photovoltaikanlagen bieten
interessante Ansätze, um Landwirtschaft und Energieerzeugung zusammen neu zu denken.
Diese Potenziale gilt es für Göttingen auszuloten.